Spiel niemals für die Galerie

 

sage ich mir ständig. Alles, was ich mache, mache ich nie für andere bzw. um anderen zu gefallen. Alles, was ich beginne, gehe ich mit dem Gefühl an, mehr über mich selbst und über das Zusammenleben mit der Gesellschaft zu verstehen. Dabei wäre es für mich als Mensch fatal, die Erwartungen anderer erfüllen zu wollen.

Ich habe auch immer lernen dürfen, dass, wenn ich mich in dem Bereich bewege und arbeite, in dem ich mich sicher fühle, ich dort nicht richtig bin. Erst wenn ich tief genug im Wasser, im Ozean bin, wenn mich dieser Ozean umhüllt und trägt, ich aber kein Boden mehr unter den Füßen spüre und die Welle mich erschlägt, werde ich fähig, etwas Anderes und Aufregendes zu tun.

Und genau da fängt es an oder hört oft auch alles auf. Ich habe selten mal eine kreative Blockade. Und doch habe ich sie zu oft und zu lang.

Es gehört Mut zum „sich Ändern“. Es ist unbekanntes Terrain, welches sich auftut. Veränderung könnte Gutes bringen, aber eben auch Verschlechterung. Lasse ich doch lieber alles  so, wie es ist? Aus dieser Angst heraus entscheide ich mich dann doch, den Beruf einfach immer weiter zu machen, meine eventuell schlecht laufende Beziehung immer weiter gehen zu lassen, und mich am besten nie wieder irgendwelchen Gefahren auszusetzen. Denn zum „sich Ändern“ gehört Mut, oder ??

Das Gute liegt jedoch immer in der Veränderung, so wie sich das Meer immer verändert, jede Welle anders ist. Leben ist Veränderung. Stillstand ist wie gefangen sein. Wenn Freiheit „Offenheit und Kraft“ bedeutet, dann könnte das Gegenteil „kraftlos, ohnmächtig und ängstlich“ sein.

Veränderung geht immer mit Kreativität und Mut einher und deshalb bin ich immer so aufgeregt, wenn ich ein Coaching oder Workshop gebe, zu einem Shooting gehe oder mich an meinen Blog setze. Ich will offen, seelisch nackt sein und voller Kraft erscheinen. Um ehrlich zu sein, hatte ich früher weniger Lampenfieber. Es gab früher aber auch kaum Erwartungen an mich. Ich habe gemacht, was ich wollte und wie ich es wollte. Diese Leichtigkeit ist schön und inspirierend, so wie die Leichtigkeit meines Sohnes, der mich immer wieder daran erinnert, an meine Leichtigkeit zu glauben. Doch die Erwartungen sind irgendwann viel höher. Ich denke mir dann: „Bitte lass es gut werden! Ich wünsche, oder besser noch, bestelle, dass es gut wird“. Ich habe auf jeden Fall mehr Versagensangst.

„Freedom is just another word for nothing left to lose“. JANIS JOPLIN

Also bin ich nur frei, wenn ich nichts habe? Heißt das dann auch, wenn ich viel habe, werde ich zunehmend gefangener und ängstlicher? Nicht nur im Materialistischen, sondern gerade auch in einer Position, die ich mir erarbeitet habe oder in der ich mich befinde? Habe ich durch meine erarbeitete Position jetzt auf einmal auch Angst bekommen und verliere meine Kreativität und meinen Mut, meine Offenheit?

Kann es auch sein, dass ein ganzes Land, welches viel besitzt, auch mehr Angst hat? Könnte es sein, dass diese Angst erst durch den Besitz unbewusst entsteht? Wir könnten das, was wir haben, verlieren. Besitzen fühlt sich so toll an und doch löst es Angst in uns aus.Es könnte uns dann schlechter gehen. Aber vor wem haben wir jetzt Angst? Gibt es da wirklich jemanden? So richtig rational ist die Furcht nicht.  Aber doch ist da etwas. Mehr Sinn würde alles ergeben, wenn da eine klare Bedrohung wäre. Vielleicht erschaffen wir unterbewusst eine Bedrohung, damit alles wieder Sinn ergibt. Wer oder was kann denn das sein? Schauen wir uns mal um, da wird sich doch sicher wer finden lassen, der uns etwas wegnehmen will. Oder ist es doch eher so, dass wir das, wenn wir In einen Becken voller Krokodile  springen und dort von diesen angefallen werden, als wirkliche Bedrohung sehen sollten.

Wenn ich hier so schreibe, frage ich mich, ob ich weniger haben sollte. Ich besitze nicht viel, eigentlich fast nichts.  Kein  teures Auto, keinen Fernseher oder keine teure Uhr um mein Handgelenk. Besitze ich somit auch nicht die Zeit? Oder besitzt so die Zeit nicht mich?

Doch besitze ich eine Art von erarbeitetem Erfolg, der mich formt, eventuell aber leider auch in eine ängstliche Richtung. Ich kann es selber noch nicht ganz analysieren. Erkennen kann ich aber, dass nach großen Erfolgen das Kreieren erst leichter ist, dann aber zunehmend schwieriger wird.

Wird das SEIN schwieriger, je mehr ich erreicht habe? Erklärt das meine kreativen Blockaden? Ich tue mich sehr oft schwer, etwas fertig zu bekommen. Kann es sein, dass das nur so ist, weil ich denke, ich habe etwas zu verlieren? Ich muss sogar hier beim Schreiben zunehmend mehr kämpfen, die Leichtigkeit und die Freiheit zu behalten. Wie komme ich aus dieser Gedanken-Gefangenschaft wieder heraus?

Innovation sehe ich bei Künstlern, Photographen, Textern, Coaches und alles Menschen, die sich nicht so sehr festgelegt haben. Der Erfolg bleibt dann eventuell aus oder besser, zum Glück bleibt er aus. Machen sie doch die wirklich progressive Schritte. Ich benutze das Wort progressiv hier nicht als Kunstrichtung, sondern als eine Beschreibung von Offenheit. Für mich ist progressiv „nach vorne schauend, verändernd“ und konservativ ist eher „nach hinten schauend und beibehaltend“. ICH will nicht nach hinten schauen und mich an etwas klammern aus Angst vor Veränderung und dem vermeintlich neuem ICH.

Egal welche Richtung der Kunst und des Kreierens du jetzt gerade gut findest, es gibt sie nur, weil jemand in der Vergangenheit mal etwas anders gemacht hat. Ich möchte vorsichtig andeuten, dass das Kritisieren des Neuen und Progressiven wahrscheinlich aus Angst entsteht. Und doch ist diese Veränderung so wichtig, denn ohne sie wären wir nicht da, wo wir jetzt sind.  Das ist die unbewusste Angst vor Veränderung. Wenn du als Künstler kritisiert wirst, machst du aus meiner Sicht etwas richtig, denn du polarisierst durch Veränderung, lässt dich nicht durch Angst regieren.

Abschließend möchte ich sagen: Diese Angst, hat eigentlich jeder von uns. Wo haben wir das gelernt? In der Schule vielleicht? Wurde uns ganz früh schon beigebracht, Angst haben zu müssen. Kann ich mithalten, muss mich bessern, darf nicht durchfallen. Angst als Antrieb sehen, um im Wettkampf zu bestehen. Ich erinnere mich, dass früher oft gesagt wurde, Konkurrenz belebe das Geschäft. Neue Studien haben ergeben, dass dem nicht so ist. Der Wettkampf macht oft einfach unproduktiv und ängstlich, weil es ein Kampf gegen sich selbst ist, weil man nicht selbst ist.

Denn plötzlich wird man so fern von dem, der man war, von dem, den man liebt und oft von dem, der man sein will. Fern von all seinen Träumen. Manchmal so fern, sein wirkliches Zuhause zu sehen. Fern davon, frei zu sein von der Vergangenheit, die einen jagt, und so fern von der Zukunft, die man doch nicht greifen kann.

Und vielleicht brauchen wir  nur eine Hand, die uns nimmt und uns aus der Blockade führt und uns wieder die Hoffnung zeigt, uns die Angst nimmt, anderen gefallen zu wollen und für ihre Galerie zu spielen.

Instagram: www.instagram.com/this.is.tolga

Fotos: www.instagram.com/pn.augenblicke

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Human BEING oder human HAVING?

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Die Liebe zu meiner Familie.